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Die Vielfalt ist das Schöne am Sport

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(von Gabriele Berghofer)

Hallo! Mein Name ist Gabriele Berghofer, ich bin 37 Jahre alt, lebe in Wien und bin seit 1978 Mitglied des VSC ASVÖ-Wien. In diesen 23 Mitgliedsjahren habe ich viele sportliche Höhen, aber auch Tiefen erlebt. Bevor ich allerdings über meine "sportliche Laufbahn" erzähle, möchte ich kurz erklären, wie ich zum Sport kam:

Ich leide an einer Netzhauterkrankung (Retinitis pigmentosa), die aufgrund von Ablagerungen in der Netzhaut eine langsame, kontinuierliche Verschlechterung des Sehvermögens verursacht. Aus diesem Grund trat ich im Herbst 1977 zur Absolvierung des Polytechnischen Lehrgangs und einer 2-jährigen Berufsausbildung zur Stenotypistin ins Bundes-Blindenerziehungsinstitut über.

Obwohl ich erst mit 10 Jahren schwimmen lernte und sowohl beim Radfahren als auch beim alpinen Skilauf ein Spätzünder war, gehörte doch der Turnunterricht immer zu meinen Lieblingsfächern. So nahm ich an internen Schulwettkämpfen und Schulspielen teil, bei denen ich nicht schlecht abschnitt.

Prof. Franz Haslinger (damals Lehrer am BBI und sehr engagiert im Behindertensport) animierte mich dazu, das Trainingsangebot des VSC auf der Schmelz zu besuchen, und so hatte ich erstmals Kontakt mit den Sportlern des VSC Wien. Anfangs ließ meine Kondition zu wünschen übrig, aber die Aufmunterungen der Sportkameraden und die antreibende Motivation unseres Sportlehrers Florian Stöger halfen mir über manchen Schwächeanfall hinweg.

1978 war es dann erstmals so weit: Ich nahm sowohl im Sommer als auch im Winter an einer Österreichischen Meisterschaft teil. Die Leichtathletik-Meisterschaft wurde in der Südstadt ausgetragen, wo ich im Bewerb "Fünfkampf" startete. Ich habe mich riesig gefreut, als ich für den Sieg in diesem Bewerb mit einem Pokal belohnt wurde. Bei dieser Veranstaltung lernte ich auch blinde und sehbehinderte Athleten aus den Bundesländern kennen.

Auch die alpine Skimeisterschaft war ein besonderes Erlebnis. Wer weiß, wie heute alpine Skirennen im Behindertensport ablaufen, wird sich nicht vorstellen können, wie alles begonnen hat: Der Kurs wurde so ausgesteckt, dass anstatt herkömmlicher Torstangen  kleine Fähnchen in die Piste gesteckt wurden, die zu umfahren waren. Bei den Fähnchen standen Menschen - meist Soldaten des österreichischen Bundesheeres - die durch laute Zurufe die Tore hörbar machten. Die blinden und sehbehinderten Sportler hatten den Kurs ausschließlich nach den Zurufen der "lebenden Torstangen" bewältigen. Wenn ein Skiläufer manchmal knapp an eine "lebende Torstange" heransauste, mussten die freiwilligen Helfer oft blitzschnell ihren Platz verlassen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden.

Durch das regelmäßige Training konnte ich meine Kondition deutlich verbessern, und auch die Freude am Sport stieg damit  stetig. Für die diversen Trainingskurse, nationalen bzw. internationalen Wettkämpfe, die oft auch während der Schulzeit stattfanden, erhielt ich nur dann eine Schulfreistellung, wenn meine Lernerfolge positiv waren.

Im Mai 1980 schloss ich meine Berufsausbildung zur Stenotypistin mit anschließender Staatsprüfung erfolgreich ab und verließ bereits zwei Wochen vor dem offiziellen Schulschluss das BBI. Grund dafür war meine Qualifikation für die Paralympischen Spiele in Arnheim, Holland. Diese Paralympics waren eine toll organisierte Veranstaltung:

Im Olympische Dorf, das ursprünglich als Kaserne fungierte, waren die Sportler und Betreuer sämtlicher Nationen untergebracht. Vor der Kaserne standen Zubringerbusse zu den verschiedenen Wettkampfstätten und in die Stadt zur Verfügung. An den wettkampffreien Tagen wurden Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten, wie z.B. in ein Windmühlendorf, organisiert, um das Land besser kennen zu lernen.

Im Laufe der Zeit fand ich heraus, dass ich nicht nur Freude am Sport habe, sondern auch eine gewisse Portion sportliches Talent erbte. So habe ich in den meisten Sportarten, die im Blindensport angeboten werden (Schwimmen, Goalball, Leichtathletik, alpiner und nordischer Schilauf, Tandem fahren), an nationalen und internationalen Wettbewerben teilgenommen und konnte dabei stets gute Erfolge erzielen.

Im Herbst 1980 begann ich zu arbeiten. In der Folge ging beinahe mein gesamter Gebührenurlaub für Trainingskurse auf. Für die Teilnahme an internationalen Großveranstaltungen, wie Paralympics und Weltmeisterschaften, bekam ich allerdings eine Dienstfreistellung.

1982 war ein besonderes Jahr: Bei der Weltmeisterschaft im alpinen Skilauf in der Schweiz konnte ich den Riesentorlauf, die Abfahrt und folglich auch die Kombination gewinnen. Abermals freute ich mich riesig.

Bei meiner Rückkehr in die Arbeitswelt erwartete mich eine besondere Überraschung im Büro: Sekt, Brötchen und ein einige Geschenke waren vorbereitet. Eine kleine Delegation, allen voran unser Chef, gratulierte mir herzlichst. Über meinem Schreibtisch fiel mir sofort ein riesiges Plakat mit dem Schriftzug "Ein Hoch der Weltmeisterin" auf.

1984 fanden die Paralympischen Sommerspiele in Nassau County, New York,  statt. Das Training in den Monaten davor war mir oft eine Qual. Zugegeben, die Freude am Sport ist mir dabei manchmal vergangen, aber letztendlich saß ich doch im Flieger und es gab kein Zurück mehr. Unser Trainer Florian Stöger, war natürlich mit dabei und ich glaube, ohne seine Betreuung wäre es für mich nicht dementsprechend gut gelaufen. Am Morgen des Wettkampftages (ich startete im Fünfkampf mit den Disziplinen 100-m-Sprint, Weitsprung, Kugelstoßen, Speerwurf und 800-m-Lauf) war ich vor Nervosität den Tränen nahe. Gemeinsam mit meinem Trainer, der konsequent  versuchte, meine Nerven zu beruhigen, machte ich Aufwärmübungen. Nie im Leben hätte ich es mir dabei träumen lassen,  am Abend als Siegerin aus diesem Bewerb hervorzugehen.

In den nächsten Jahren stand der Wintersport im Vordergrund und 1984 und 1988 war ich bei den Winter-Paralympics in Innsbruck, 1986 bei der Ski-Weltmeisterschaft in Schweden mit dabei. Mit der Zeit hatte sich mein Sehvermögen sehr verschlechtert. Bei den Skirennen spürte ich immer mehr meine Ängstlichkeit, und so beendete ich 1988 meine Karriere im alpinen Skilauf.

Aber eine Sportart im Winter wollte ich denn doch betreiben, und so begann ich mit dem nordischen Skilauf. Ich war immer der festen Meinung, dass es auf keinen Fall mehr Quälerei gibt, als bei Trainings in den Jahren zuvor, doch bei den Trainingslagern des nordischen Langlaufteams wurde ich eines Besseren belehrt. Auch hier galt hartes und eisernes Training, denn ohne Fleiß kein Preis!

1997 machte sich eine kleine österreichische Mannschaft (zu der auch ich zählte) auf den Weg zur Europameisterschaft im nordischen Skilauf nach Tobolsk/Russland. Meine Mühen wurden belohnt, und ich konnte im Biathlon (3x2,5 km Skating, 2x5 Schuss) die Silbermedaille gewinnen.

1998, 20 Jahre nach meinem ersten Sieg in einem Bewerb im Behindertensport - stand wieder ein sportliches Großereignis auf dem Programm: die Winter-Paralympics in Nagano/Japan, wo ich dem österreichischen Team ein weiteres Mal angehörte. Die österreichische Damenstaffel - ich war Schlussläuferin - konnte die Silbermedaille erkämpfen. Im Einzelbewerb über 5 km in der Skating-Technik wurde ich Fünfte, und im Biathlon gewann ich die Silbermedaille.

In den Jahren, die ich nicht erwähnt habe, nahm ich ebenfalls an verschiedenen nationalen und internationalen Bewerben und Meisterschaften teil. Jedoch gelang es mir nicht jedes Mal zu siegen und ich musste auch Niederlagen hinnehmen - aber wer spricht schon gerne davon? Man lernt jedoch, mit ihnen umzugehen, und wahrscheinlich  sind Niederlagen auch notwendig, um den Ehrgeiz wieder anzuspornen.

All meine Erfolge konnte ich nicht alleine erringen. Besonders für die Sportarten Tandem, alpiner und nordischer Skilauf sind Pilotfahrer bzw. Vorläufer und Begleitläufer unbedingt notwendig, und so feierten wir jedes Mal die Erfolge als Team!

Sport hat in meinem Leben schon einen sehr wichtigen Platz eingenommen. Nicht nur, dass Aktivität zur Gesunderhaltung von Körper, Geist und Seele beiträgt, habe ich auch viele Freunde in den Sportlerkreisen gefunden und neben der Schufterei im Turnsaal haben wir auch viele lustige und gemütliche Stunden beim Feiern verbracht. Sportler lieben und pflegen bekanntlich auch die Gemütlichkeit.

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